"Welches Verkehrsmittel nutzen Sie üblicherweise, um ins Innenstadtzentrum zu gelangen?" - Diese Frage stellte das Büro Stadt+Handel im Sommer 2020 Passant:innen in Flensburg und als Online-Befragung. Großes Lob für die Flensburger:innen: Die meisten sind klimafreundlich unterwegs - mit Bus, Rad oder gehen zu Fuß! Ein Blick auf die Verkehrsmittelwahl in Flensburg und was sich daraus ablesen lässt.
Seit 2020 arbeitet das Büro Stadt+Handel (mehr) an einem “Zentren- und Einzelhandelskonzept” zur Stärkung der Flensburger Innenstadt und der Stadtteile. Dafür wurden im Sommer 2020 Personen auf der Straße und online mit einem ausführlichen Fragekatalog befragt. Dabei ging es auch um die Verkehrsmittelwahl: "Welches Verkehrsmittel nutzen Sie üblicherweise, um ins Innenstadtzentrum zu gelangen?"
Ergebnis: Deutlich über die Hälfte der Befragten kommen zu Fuß, mit dem Rad oder dem Bus in die Altstadt (Quelle: Ratsinfo Flensburg, Präsentation Teil 2, S. 25 – mehr). Zusammengefasst bezeichnet man diese Verkehrsmittel als den Umweltverbund.
Freilich waren coronabedingt im Sommer 2020 deutlich weniger Tourist:innen und dänische Gäste unterwegs. Umso aussagekräftiger ist das Ergebnis, was die Menschen in Flensburg betrifft. Aussagekräftig ist das Ergebnis auch aufgrund der großen Anzahl der Auskunftgebenden, so die Verantwortlichen bei Stadt+Handel.
Die letzten offiziellen Ergebnisse, die vorliegen, stammen von der Mobilitätsbefragung im Oktober 2010. Damals wurden 15.000 Haushalte aus allen Stadtteilen und Altersgruppen in Flensburg angeschrieben und um Antwort gebeten. Gut 20 Prozent, also jede fünfte Person, nahmen teil.
Ein kurzer Blick auf die Ergebnisse damals:
Interessant: Beim Vergleich der Ergebnisse aus dem Jahr 2010 mit den Ergebnissen von Stadt+Handel im Jahr 2020 fällt auf: Die Anteile von Bus-, Zug- und Radverkehr sind absolut gleich.
Richtung Innenstadt sind aber deutlich mehr Menschen zu Fuß und weniger mit dem Auto unterwegs.
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Im September 2021 fand nun erneut eine Mobilitätsbefragung (mehr) der Flensburger Haushalte statt. Wiederum wurden 15.000 per Zufallsstichprobe ausgewählte Haushalte angeschrieben und um Auskunft gebeten.
Bei den Fragen ging es darum, welche Fahrzeuge zur Verfügung stehen, wie oft man mit welchem Verkehrsmittel unterwegs ist und welche Anregungen und Vorschläge man geben möchte. Auf die Ergebnisse darf man gespannt sein!
Für manche Kaufleute – auch hier in Flensburg – sind Anzahl der Parkplätze und die Höhe der Parkgebühren ein wesentliches Thema – und oft geäußerter Kritikpunkt gegenüber Stadtverwaltung und Politik. Aus Sicht mancher Geschäftsleute ist nämlich eine große Anzahl der Kund:innen mit dem Pkw unterwegs.
Untersuchungen in verschiedenen Orten weisen jedoch darauf hin, dass man hier einem Vorurteil unterliegt. Dazu ein kürzlich veröffentlichtes Beispiel aus der Großstadt Berlin:
Im Rahmen einer Studie wurden hier rund 150 Einzelhändler:innen befragt. Geschäftsleute, die selbst mit dem Pkw gekommen waren, zeigten sich überzeugt: Fast ein Drittel ihrer Kund:innen käme mit dem Auto und nur jede zehnte Person mit dem Rad.
Die Studie überprüfte diese Annahme. Das Ergebnis: Die große Mehrheit von 2000 Berliner Kund:innen – 93 Prozent (!) – nutzte den Umweltverbund. Mehr als die Hälfte der Einkaufenden kamen zu Fuß, ein Viertel mit öffentlichen Verkehrsmitteln, jede sechste Person mit dem Rad. Mit dem Pkw waren nur 6,6 Prozent gefahren.
Die Untersuchung verrechnete nun die Anzahl der Besuche mit der durchschnittlichen Höhe des Einkaufs. Es zeigte sich, dass Fußgänger:innen, die häufig dort unterwegs waren, für fast zwei Drittel der Einnahmen sorgen. Nicht einmal jeder zehnte Euro wurde an den Autofahrenden verdient.
Natürlich sind die Rahmenbedingungen in einer Großstadt besonders. Doch von der Tendenz her kommen auch Untersuchungen andernorts zu vergleichbaren Ergebnissen:
Die Rolle des Pkw-Verkehrs wird vom Handel also teilweise erheblich überschätzt.
Fazit: Eine bessere Infrastruktur für Fuß-, Rad- und öffentlichen Verkehr dürfte auch in Flensburg der lokalen Wirtschaft zugute kommen. Und mehr Wertschätzung der Kund:innen, die zu Fuß oder mit dem Rad kommen, dürfte diese auch zum Kauf vor Ort motivieren – statt im Online-Handel.
Freilich kommen hier die Tagesgäste aus Dänemark und Tourist:innen dazu. Doch bei diesen stoßen Parkgebühren durchaus auf Akzeptanz. Sie stehen eher vor der Herausforderung, Parkplätze zu finden. Das geplante Park-Leit-System kann hier endlich Abhilfe schaffen.
Und – als wichtigen Schritt zu einer Mobilitätswende – steht der Ausbau attraktiver Alternativen und die klimaschonende Verlagerung des Individualverkehrs auf Bus und Bahn an.
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