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Busverkehr in Flensburg: Tickets werden teurer

Der öffentliche Verkehr ist enorm wichtig für die Klimaziele und zur Verkehrsentlastung. Doch in Flensburg werden die Fahrpreise ab 1. August 2021 um rund 5 Prozent steigen. 5 Euro für ein Ticket in die Innenstadt und zurück - das dürfte kaum zusätzliche Fahrgäste in die Busse locken. "Der öffentliche Verkehr muss nicht kostenlos sein, aber für alle bezahlbar!", fordert der VCD.

   

Positiv: Verbesserung des Angebots

Auf der positiven Seite: AktivBus stellt grundsätzlich ein attraktives Verkehrsangebot in Flensburg bereit. Ab Spätsommer soll es auf den Linien 1, 2, 3, 4, 7 und 10 insbesondere am Abend Angebotsverbesserungen durch eine Verlängerung des Hauptverkehrszeit-Taktes geben.

Wo bleiben Sozialticket und kostenlose Schülerbeförderung?

Auf der anderen Seite: Ab August 2021 steigen die Preise über alle Fahrkartenarten um rund 5 Prozent an. Das trifft besonders Haushalte mit niedrigem Einkommen hart. Flensburg liegt sowieso im untersten Bereich, was das Pro-Kopf-Einkommen betrifft (Platz 387 von 401. Wikipedia – mehr), und gerade die sind durch Corona besonders betroffen.
Im Gegensatz dazu wurden zum Beispiel in Kiel letztes Jahr sowohl das Angebot ausgeweitet als auch die Preise gesenkt: Die Einzelfahrt kostet dort statt 2,70 Euro nur noch 2,40 Euro.

Gleichzeitig wird in Flensburg über die Einführung eines Sozialtickets seit Jahren diskutiert, geschehen ist bisher nichts. Während die Schülerbeförderung im Landkreis Schleswig-Flensburg generell kostenlos ist, sollen Schüler und Auszubildende in Flensburg künftig 35 Euro zahlen.

Schnupperangebote attraktiv gestalten

Durchaus umstritten ist auch die jüngste Entscheidung des Flensburger Rates, am 4. Freitag im Monat bis August 2022 das Busfahren kostenlos zu machen. Geschätzte Kosten dafür: 160.000 Euro.
Prinzipiell sind Schnupperangebote eine gute Sache. Doch diese Maßnahmen dürfte eher zu Frust bei Zeitkartenbesitzer:innen führen, ganz zu schweigen von dem seltsamen Datum. Da hätte es sicherlich bessere Möglichkeiten gegeben, um neue Fahrgäste zu gewinnen.

Kommentar:
Preiserhöhung falsches Signal für eine Mobilitätswende

  

Flensburger Buspreise: 2013 konnte man noch für 4 Euro zum Einkaufen in die Innenstadt und wieder zurück fahren. Ab 2021 ist es 25 Prozent teurer: 5,00 Euro kostet nun die Fahrt hin und zurück. Für eine Mobilitätswende ist das ein falsches Signal.

Verständlich, wer sagt: Da fahre ich lieber mit dem Auto. Denn die Parkgebühren sind auf deutlich niedrigerem Niveau. Für 1,70 Euro darf man auf öffentlichem Grund eine Stunde lang sein Auto abstellen. Oder man parkt einfach kostenlos: auf einem Anwohnerparkplatz, im Halteverbot oder in der Norderstraße bei der Marienkirche – kontrolliert ja sowieso niemand.

Pkw verursacht Kosten, Busverkehr Einnahmen

Dass hier ein Missverhältnis besteht, ist allgemein einsichtig. In einer Kommune finanziert jede:r Bürger:in den Pkw-Verkehr mit durchschnittlich 150 Euro pro Jahr mit. Denn die Kosten – Unterhalt und Bau von Parkplätzen, Straßenreinigung, Straßenbeleuchtung und Entwässerung, Mehraufwendungen bei Feuerwehr, Polizei, Grünflächenämtern und städtischen Bauhöfen – sind nicht einmal zur Hälfte gedeckt.

Der Pkw-Verkehr erfordert Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur und ihren Unterhalt, bringt aber den Kommunen keine unmittelbaren Einnahmen. Im Gegensatz zum ÖPNV: Wer Bus fährt, kommt für einen großen Teil der Kosten selbst auf.

  • VCD: Versteckte Subventionen des Autoverkehrs – mehr
  • Universität Kassel: “Der Autoverkehr kostet die Kommunen das Dreifache des ÖPNV” - mehr

Busverkehr: Nachhaltige Finanzierungsinstrumente schaffen

Paul Hemkentokrax, Geschäftsführer von Aktiv Bus, wünscht sich eine ehrliche Diskussion über die zukünftige Finanzierung des ÖPNV und nachhaltige Finanzierungsinstrumente (Flensburger Tageblatt, 07.07.2021 – mehr). Dem ist nichts hinzuzufügen.

    VCD-Position:
    “ÖPNV muss nicht kostenlos sein, aber für alle bezahlbar!”

    Der VCD setzt sich für Kostenwahrheit im Verkehr ein. Die Kosten, die ein Verkehrsträger verursacht, sollen diesem auch weitestgehend angelastet werden. Dazu zählen Betriebskosten, Kosten für Bau und Unterhalt der Verkehrsinfrastruktur, aber auch externe Kosten, wie Umweltschäden, Gesundheitsausgaben, Lärmbelastungen und Unfälle.
    Der notwendige Verkehr muss von umweltbelastenden auf umweltschonende Verkehrsmittel verlagert und Antriebe und Fahrzeuge müssen effizienter werden (VCD-Positionspapier: “Bus und Bahn für alle bezahlbar”, s.u.).

    Ein leistungsstarker und bezahlbarer ÖPNV ist für den VCD ein elementarer Baustein der Verkehrswende. Nulltarif für Bus und Bahn muss nicht sein. Denn:

    • Ticketverkäufe decken heute durchschnittlich drei Viertel der Betriebskosten des ÖPNV. Auf diese Finanzierungssäule sollte nicht einfach verzichtet werden, wenn das Angebot deutlich verbessert werden soll.
    • Bei pauschalen Preisermäßigungen wechseln vor allem Fußgänger:innen und Radfahrer:innen zum ÖPNV, nicht aber die Autofahrer:innen. Um diese zum Umstieg zu bewegen, darf die Pkw-Fahrt nicht der bequemste Weg sein. Dafür braucht es – neben einem hochwertigen öffentlichen Verkehr - neue Gesamtkonzepte: Weniger und teurere Parkplätze und Auto-Fahrspuren, die zu Busspuren und Fahrradstreifen umgewidmet werden.
    • Gleichzeitig müssen Länder und Kommunen aber auch den Menschen ohne oder mit sehr geringem Einkommen Mobilität in ihrer Region ermöglichen.

    Weiterlesen

    • VCD-Positionspapier: “Bus und Bahn für alle bezahlbar” (Juli 2012). PDF-Datei – mehr
    • VCD Hintergrund: “ÖPNV zum Nulltarif – Möglichkeiten und Grenzen”. PDF-Datei – mehr
    • Deutscher Bundestag, Wissenschaftlicher Dienst: “Kostenloser öffentlicher Personennahverkehr in Deutschland” (28.01.2020). PDF-Datei – mehr
      Inhalt: Modellprojekte in Deutschland und ihre Verläufe, Übersicht zu Untersuchungen und Stellungnahmen.
    • Wikipedia: “Tarifsystem im Öffentlichen Personenverkehr” – mehr
      Lesenswerte Zusammenstellung mit vielen Beispielen

      

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