Ortsgruppe Flensburg,
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Mobilität in der Stadt
Ortsgruppe Flensburg
"Es ist tatsächlich ein gemeinsames Lernen", sagt Barbara Hartten, Technische Betriebsleiterin beim Flensburger Technischen Betriebszentrum, kurz TBZ. Es ist der 27.10.2020, sie ist zum zweiten Mal mit dabei beim Barriere-Check von VCD, VdK und Seniorenbeirat Flensburg. Auf dem Weg zwischen Südermarkt und Deutschem Haus stehen diesmal Blinde und Sehbehinderte im Vordergrund.
Startpunkt ist der Südermarkt. Der Weg zum Deutschen Haus ist in drei Abschnitte aufgeteilt. Jeder Abschnitt wird von einer Gruppe mit Hilfe der nun bereits vertrauten Checkliste untersucht. Schnell wird deutlich: Verschiedene Verkehrsteilnehmende haben verschiedene Bedürfnisse.
Es ist klar: Fußgängerbereich, Kfz- und Fahrrad-Bereiche sollten getrennt sein, damit alle sicher und gut unterwegs sein können. Wie gestaltet man solche Abtrennungen am besten?
Farben und Kontraste sind eine Möglichkeit. Solche visuellen Signale helfen allen bei der Orientierung. Doch sie lassen sich nicht ertasten. Eine Alternative sind Absätze und Kanten.
Gut, dass es da gleich mehrere Alternativen gibt! Auch Streifen aus Klein- bzw. Großpflaster, Noppen-Platten oder Steine mit gerundeten Kanten (Rollbords) signalisieren Blinden: Achtung, hier aufpassen! Hauptsache, die Unterschiede sind deutlich ertastbar.
Bei der Schlussbesprechung wurde deutlich: Mitmenschen, die sinnes- und bewegungseingeschränkt sind, brauchen nicht unser Mitgefühl – sie brauchen unsere Aufmerksamkeit.
“Es ist unser Job, auf Barrierefreiheit zu achten”, so ein zweiter Mitarbeiter des TBZ, der ebenfalls beteiligt war. “Aber es ist schon ein Unterschied, ob man sich in der Theorie über die Vorgaben für Barrierefreiheit informiert oder ob man selbst einen Blindenstock in der Hand hat und ausprobiert, seinen Weg zu finden.”
An einer kniffligen Stelle, wo der Radweg ohne Begrenzung direkt neben dem Fußweg verlief, war nach einer Woche schon nachgebessert. Dort signalisieren nun taktile Platten den Zufußgehenden die Abgrenzung.
Barrierefreier Verkehr verlangt Rücksicht von uns allen: Der verzierte Streifen über der Abflussrinne an Holm und Großer Straße ist kein simpler Schmuck, wie viele in Flensburg meinen, sondern eine taktile Leitlinie. Sie ermöglicht Blinden die Orientierung. Deshalb sollen beidseitig 0,60m frei gehalten werden. Dort sollten also z.B. keine Aufsteller oder Fahrzeuge stehen.
Wer auf dem Gehweg radelt, muss ganz besondere Rücksicht walten lassen. Hörgeschädigte und Sehbehinderte können nicht wahrnehmen, wenn hier plötzlich ein Fahrrad unterwegs ist. Wenn sie spontan die Richtung wechseln, kann das zu Zusammenstößen führen. Das macht Angst.
Diesmal fragen wir Klaus Heide (71) nach der Note. Er war lange Jahre Beauftragter für Umwelt und Verkehr im Blinden- und Sehbehindertenverein Schleswig-Holstein (BSVSH). “Für die schnelle Verbesserung eine glatte Eins”, sagt der Blinde. Ansonsten sieht er “schon noch Nachholbedarf", damit wir uns alle sicher im Verkehr bewegen können.
Einig war sich die Gruppe auch diesmal: Wir machen im neuen Jahr weiter. Der Termin wird hier bekannt gegeben. Interessierte sind gerne willkommen! Wer Vorschläge für die nächsten Routen hat, einfach mailen: flensburg@vcd-nord.de
Ein großes Dankeschön wieder an alle fürs Mitmachen!
„Das Ziel jeglicher Verkehrsraumgestaltung muss sein, möglichst allen Menschen unabhängig von einer Behinderung die Teilhabe am öffentlichen Leben ohne besondere Erschwernisse zu ermöglichen.“
So die Planungsgrundlage für die Verwirklichung von Barrierefreiheit, die Regelungen und maßgebliche Prinzipien enthält: “Hinweise für barrierefreie Verkehrsanlagen H BVA, Ausgabe 2011” (Hrsg. H BVA - Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen FGSV).