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Ortsgruppe Neumünster

Stellungnahme des VCD (ökologischer Verkehrsclub Deutschland) zum Masterplan Mobilität Neumünster

Öffentlicher Raum in den Stadtteilen muss aufgewertet und damit wieder attraktiver gemacht werden. Die Aufgabe besteht darin, mit einem fairen Verkehrssystem eine lebenswertere Stadt zu gestalten. Das ist mit dem Masterplan Mobilität möglich und wird mit den Handlungsansätzen, Maßnahmen und Zielen konkret. Der 24 Monate Plan ist gut, sollte aber durch weitere, konkrete Zielmarken (möglichst unter besserer personeller Ausstattung in der Verkehrsplanung) mit einer vollständigen Zeitplanung versehen werden – z. B. was in 5, 10 und 15 Jahren erfüllt werden soll. Abgesehen von der Selbstverpflichtung zur Klimaneutralität ab 2035 kann der Schutz unserer Lebensgrundlagen nicht weiter aufgeschoben werden. Dazu trägt der Sektor Verkehr einen guten Teil bei.

 

Dafür muss sich Neumünster wesentlich bewegen. Bedenken haben wir im Hinblick auf die fehlende Planstelle in der Verkehrsplanung, was die Umsetzung des Masterplan an geht. Die Unterkapazität war bereits in den letzten Jahren prägend und wird an vielen Stellen der sanierungsbedürftigen Infrastruktur sichtbar:
- Fördergelder wurden nicht abgerufen
- notwendige Umbaumaßnahmen konnten nicht angegangen werden.

Der Masterplan Mobilität ist mit ausreichenden personellen Ressourcen umsetzbar. Da einige Aufgabenbereiche neu aufgebaut werden müssen, sind Beauftragte für Rad-, Fußverkehr und Gehwegparken sinnvoll. Die Zielrichtung, die der Masterplan vorgibt, kann auch mit geringerem Personalaufwand langsamer erreicht werden.

Die Selbstverwaltung muss in den kommenden Jahren ihr Augenmerk deutlicher auf eine bessere Finanzierbarkeit und rechtzeitige Bereitstellung der Mittel bei den notwendigen Reformen richten, die der Masterplan Mobilität vor gibt. Dazu gehört auch die Einsicht, dass das Mobilitätssystem für unsere Stadt mit dem angestrebten Modal Split besser finanzierbar wird. Die wahren Kosten einzelner Verkehrsträger für Neumünster genau zu berechnen ist der erste Schritt. Eine Grundlage dafür wurde an der Uni Kassel entwickelt. Die Zusammenfassung der Ergebnisse für drei Modellstädte können unter www.internationales-verkehrswesen.de/studie-autoverkehr-kosten-kommunen/ nachgelesen werden.


Die integrierte Netzkonzeption vom Masterplan stellt für unsere Stadt eine hochwertige Planung mit fünf aufeinander abgestimmten Teilen dar. Die Erstellung mit Hilfe der Planungssocietät Gertz, Gutsche, Rümenapp, sowie unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger hat zu einem qualitativ gutem Ergebnis geführt.

Vielbefahrene Straßen mit erhöhtem Reparaturbedarf können durch sehr schwere Fahrzeuge schnell zur Kostenfalle für die Stadt werden. Durch die besondere geographische Lage Neumünsters, und nicht zuletzt den wachsenden Onlinehandel ist eine neue Netzkonzeption für den LKW-Verkehr notwendig: das LKW-Führungsnetz.

Der öffentliche Nahverkehr hat sehr großes Ausbau- und Verbesserungspotential. Der Einstieg der Stadtwerke ins betriebliche Mobilitätsmanagement und das Bedienen des inner- und überörtlichen Pendelverkehrs wird von uns sehr begrüßt. Voraussetzung für die kommenden Verbesserungen des Busverkehrs ist die adäquate finanzielle Ausstattung und eine verbesserte Planung und Steuerung durch die Selbstverwaltung. Berichte über die Entwicklung der Fahrgastzahlen sind verpflichtend und die Planung des öffentlichen Stadtverkehrs kann nicht alleine den Stadtwerken überlassen werden. Es braucht Entwürfe für die Weiterentwicklung des Linienverkehrs. Der On-Demand-Verkehr ist kein verlässliches Angebot und eine Ergänzung. Jeder Fahrgast entlastet den PKW-Verkehr. Deshalb können alle, die vom öffentlichen Verkehr profitieren, zu dessen Finanzierung heran gezogen werden, beispielsweise durch Parkgebühren Wir empfehlen zur Erhebung parkpad.eu. Für die Antriebswende beim Busbetrieb sehen wir Batterie elektrische Fahrzeuge in Verbindung mit Oberleitungen auf den Hauptstrecken als vielversprechende Lösung, deren Umstieg gefördert wird. Zugangsbarrieren zum ÖPNV werden auch durch ein einfaches, durchschaubares Tarifsystem und niedrige Preise abgebaut.

Ergänzend sehen wir den Aufbau der Mobiliätsstationen mit vielfältigen Sharingangeboten als wichtige soziale Maßnahme zur Bekämpfung der Mobilitätsarmut. Auch dafür gibt es umfangreiche Förderprogramme der EU. Bei der Gelegenheit sollte der Anbieter der E-Scooter zum Abstellen der Roller an Mobilitätsstationen und anderen definierten Punkten verpflichtet werden, bei gleichzeitigem Abstellverbot im sonstigen öffentlichen Raum. Mit der Gleisreaktivierung und Einrichtung der Bahnhaltepunkte sehen wir schließlich auch zukünftiges Potenzial. Autonome Schienenfahrzeuge im Nahverkehr werden so auch möglich werden.

An vielen Kreuzungen und Straßen wurde dem nicht motorisierten Verkehr zu wenig Raum und Schutz gewährt. Die Umsetzung der neuen Netzplanung wird in Zukunft zu weniger verstopften Straßen und Plätzen führen, wenn der Verkehr durch gleichmäßigeres Tempo besser fließt. Der neue Straßenquerschnitt mit den geschützten und deutlich markierten Rad- und Fußwegen wird ein sicheres und entspanntes Ankommen für alle möglich machen. Zum Aufstellen der öffentlichen Ladesäulen empfehlen wir Gehwegnasen, damit der Ausbau nicht auf Kosten des Fußverkehrs geht. Mehr Platz für das Rad bedeutet für den Autoverkehr ebenfalls ein Zugewinn an Klarheit und Sicherheit. Begrenzte Liefer-, Parkzonen und Hubs sorgen für Ordnung am Straßenrand.

Neumünster ist ein wichtiger Bildungsstandort, der auch dementsprechend angemessene Radwege und Fahrradstraßen braucht. Kinder können heute messbar schlechter Balance halten und Fahrrad fahren, als noch vor Jahren („Kinder und Fahrradfahren“ in www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/quarks/index.html vom 3.8.2023). Das ist auch eine Folge unseres autozentrierten Verkehrssystems, das vielen Erwachsenen keine andere Wahl als das Auto lässt. Es fehlt an den komfortablen und geschützten Schul- und Freizeitwegen.  Dafür müssen Lücken zügig geschlossen und Gefährdungsquellen systematisch beseitigt werden. Auch für das Pendeln mit dem Fahrrad zur Arbeit bietet die neue integrierte Radnetzkonzeption über die Stadtgrenzen hinaus mehr Raum durch das Stadt-Umland-Mobilitätsforum.
Öffentliche Fahrradstellplätze sollten nicht individuell vermietet werden, sonst kommt es zu langen Leerständen und der Platz kann nicht anders vergeben werden. Da jede Steigerung des Radverkehrs einen Mehrwert für die Stadt darstellt (z. B. durch eine belebtere Innenstadt oder die Reduzierung von Staus), ist jeder Zubau von wetter- und diebstahlgesicherten komfortablen Fahrradabstellanlagen hilfreich. Der Zugang sollte möglichst günstig oder kostenlos sein. Vor allem in den verdichteten Wohngebieten fehlen diese Abstellanlagen bisher völlig. Da störungsfreies Radfahren für viele Menschen mehr Lebensqualität bedeutet, sollte das ein gewichtiger Grund sein, dass sich Neumünster hier bewegt.

Das Potenzial des Fußverkehrs wird generell unterschätzt. Die Aufwertung von Innenstadt und Stadtteilen passiert mit der Schaffung von hochwertigen, öffentlichen Begegnungsräumen. Die neue Netzkonzeption für den Fußverkehr schafft hier eine gesunde Basismobilität. Dadurch werden Plätze als Anziehungspunkte wieder attraktiver. Breitere, sichere und barrierefreie Wege erleichtern das Fortkommen, die Erreichbarkeit im Nahbereich und den Umstieg in andere Verkehrsmittel. Was hier noch zu tun ist, können sie unter nord.vcd.org/der-vcd-nord/ortsgruppe-neumuenster/ nachlesen. Unsere Quertierrundgänge geben einen Eindruck davon.

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