Flensburg,
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Der Tourismus um die Flensburger Förde nimmt stetig zu. Doch kann man einer Familie, mit Kinderwagen und Koffern, empfehlen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln z.B. nach Steinbergkirche zu reisen? Den Verkehr vor Ort klimafreundlicher zu gestalten, darum ging es beim Workshop "Nachhaltige Mobilität in schleswig-holsteinischen Urlaubsregionen" am 19. Februar 2020 im Flensburger Rathaus. Auch der VCD war vertreten.
Eingeladen hatte der Tourismusverband Schleswig-Holstein. Gekommen war Akteur*innen aus vielen Bereichen: IHK, Stadtverwaltung Flensburg, Kreise Schleswig-Flensburg, Gemeinde Harrislee, Tourismusagentur TAFF, AktivBus, DB Regio AG und DB Netz AG, Norddeutsche Eisenbahngesellschaft Niebüll (NEG) und mehr. In vier Stunden lernte man sich kennen, benannte Defizite und beschloss konkrete Projekte.
Ausgangspunkt für den Workshop war eine Situationsbeschreibung. Mit Hilfe eines Fragebogens über die Tourismusagentur war die Verkehrssituation erfasst worden - ein ernüchterndes Bild. Besonders auffällige Rückmeldungen:
Auch zu wenige bzw. unattraktive Radwege wurden moniert.
Ansätze zur Förderung des klimafreundlichen Verkehrs finden sich, zum Beispiel die Fußwegrouten Fördesteig und Kapitänsweg, einige E-Ladesäulen im Stadtgebiet und die geplanten Mobilitätsstationen. Insgesamt jedoch – so das Fazit – ist die Region Flensburger Förde “weniger gut” geeignet für Gäste, die hier ohne Auto unterwegs sein wollen.
Und das, obwohl bei der Gästezahl ein kleiner Boom zu beobachten ist: Die Gästezahl an der Ostsee nimmt bereits seit einigen Jahren stetig zu. Von 2018 auf 2019 sind die Übernachtungen in Flensburg erneut um gut 10 Prozent, in Glücksburg sogar um 13 Prozent gestiegen (vgl. Angaben Statistikamt Nord: Tourismus – mehr).
Mit großem Engagement trugen die Anwesenden Wünsche zusammen wie "ÖPNV ohne Angst und Ungewissheit", 100% barrierefreie Mobilitätskonzepte und Reaktivierung vorhandener Bahnstrecken (Hafenbahn, Strecke Flensburg Niebüll).
In Arbeitsgruppen wurden nun Verbesserungsvorschläge entwickelt, so zum Beispiel unter der Rubrik “Bestehende Angebote verbessern”:
Bei der Gruppe “Neue touristische Mobilitätsangebote” standen ebenfalls diese Verkehrsträger im Fokus. Zusätzlich wurde eine bessere Finanzausstattung für die Kommunen gefordert, um klimafreundliche Mobilität stärker zu unterstützen.
Eine dritte Gruppe zum Thema "Kommunikation und Strukturen verbessern" befasste sich damit, wie Austausch und Zusammenarbeit unter den Akteuren im Tourismus- und Verkehrsbereich gestärkt werden könnte, wie gemeinsame Konzepte und gemeinsames Marketing entwickeln könnten.
In der Abschlussrunde wurden eine Reihe von Projekten vorgeschlagen, unter anderem die Reaktivierung der Bahntrasse Flensburg-Niebüll, Ausweitung der Leihmöglichkeiten von E-Bike und E-Autos, Förderung der Mitfahr-Bänke und ein Fördeshuttle zu touristischen Attraktionen.
Mit der Umsetzung soll sofort begonnen werden, NIT und die Verkehrsplaner von urbanus begleiten die Projekte. Vorhaben und Ergebnisse werden im März 2021 bei einem Abschlusstreffen vorgestellt.
Durchgeführt wurde der Workshop im Rahmen eines eineinhalbjährigen Projekts unter der Leitung von Bente Grimm vom Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa GmbH (NIT). Das Projekt soll Tourismusregionen dabei unterstützen, touristische Mobilität klimafreundlicher und attraktiver zu gestalten, und den Anteil der PKW-Nutzer mit Verbrennungsmotor reduzieren.
Ein weiteres Projektziel: Bildung einer Kommunikationsstruktur und -kultur zwischen Tourismus- und Verkehrsakteuren.
Eingeladen waren Zuständige in zehn Pilotregionen in Schleswig-Holstein. Die Gesellschaft für Energie und Klimaschutz (EKSH) fördert das Projekt, mit finanzieller Unterstützung von NAH.SH, DB, IHK Schleswig-Holstein, Kreis Nordfriesland und Kreis Ostholstein.
Fazit: Augenfällig war, wie fruchtbar sich die Zusammenarbeit zwischen Touristikern und Verkehrsakteuren gestalten kann. Deutlich wurde auch: Der gute Wille ist da, aber vieles scheitert am mangelnden Geld.
Warum ruft Flensburg nicht mehr Fördermittel für den Radwegeausbau ab? "Das ist immer mit einem Eigenanteil verbunden. Den können wir nicht zahlen", so die knappe Antwort eines hiesigen Ratsmitglieds.
Doch die Basis muss stimmen: So lange kostengünstiger Bus- und Bahnverkehr auch außerhalb der Hauptverkehrszeiten, gute Verbindungen mit dem Umland und das Veloroutennetz Zukunftsmusik sind, führt auch die beste Werbung nicht dazu, dass Reisende auf das Auto verzichten.
Es gibt noch eine Menge zu tun, damit man einer Familie am Flensburger Bahnhof sagen kann: "Sie wollen in Ihr Ferienhaus nach Steinbergkirche? Kein Problem!"
Das war womöglich das wichtigste Ergebnis des Workshops.