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Ortsgruppe Flensburg, Bahn & Bus, Flensburg, Klimaschutz, Mobilität auf dem Land, Mobilität in der Stadt, Stadt- & Regionalplanung, Verkehrspolitik
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Neuer Bahnhalt "Flensburg Stadt" am ZOB? - Fragen und Antworten

Eine Reaktivierung der Bahntrasse Niebüll-Flensburg hätte viele Vorteile, so das Ergebnis des Fakten-Check des VCD Nord. Das Projekt steht in Einklang mit den Klima- und Verkehrszielen des Landes Schleswig-Holstein. Es wird als wirtschaftlich und förderungsfähig eingeschätzt. Besonderer Vorteil: Die Trasse ist vorhanden, mit der Umsetzung kann also wesentlich schneller begonnen werden als bei Neuplanungen. Daher unterstützen und fördern wir die Diskussion über das Vorhaben. Dabei geht es auch einen Haltepunkt Flensburg Stadt. Hier Fragen und Antworten dazu.

     

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Neuer Bahnhalt Flensburg Stadt? - Die Situation in Flensburg

Flensburg ist das einzige Oberzentrum im Landesteil Schleswig und hat einen hohen Anteil an Pendelverkehr und Tourismus. Der damit verbundene Verkehr wird ganz überwiegend per Kfz abgewickelt. Laut Verkehrsmengenkarte 2016 der Stadt Flensburg (PDF-Datei – mehr) sind beispielsweise auf der Autobahn A7 täglich 23.000 Fahrzeuge unterwegs.
Damit ist in der Flensburger Innenstadt mehr Verkehr als auf der Autobahn:
- Hafendamm: 26.200 Kfz täglich
- Neumarkt: 34.700 Kfz täglich
- Süderhofenden: 23.000 Kfz täglich
- Osttangente zwischen Munketoft bzw. Hochschulcampus und Fördepark: 38.300 Kfz täglich
- B200 zwischen Fördepark und Husumer Straße: 39.000 Kfz täglich.

Bis 2020 sollten in Flensburg 30 Prozent weniger Treibhausgase anfallen als 1990, so der Ratsbeschluss. Laut aktuellem Klimaschutzbericht der Stadt gab es jedoch im Verkehr bisher keinen Rückgang (PDF-Datei – mehr). Kraftvolle Schritte zum Klimaschutz sind notwendig und dringend. Doch eine Wende zu klimafreundlichen Verkehrsmitteln kann nur gelingen, wenn es zeitnah nachhaltige und attraktive Alternativen gibt. 

Hilfreiche Informationen bietet das “Gutachten zur zukünftigen Bahnstruktur Flensburg” von SMA und Partner AG (11.12.2015. PDF-Datei – mehr) sowie die auf dieser Grundlage entstandene Präsentation “Gutachten zur Bahnstruktur in und um Flensburg. 3. Öffentlichkeitsbeteiligung. 19.02.2016” (PDF-Datei - mehr), im Folgenden kurz als SMA-Gutachten bzw. SMA-Präsentation bezeichnet.*


Inhalt:

Teil I:   Reaktivierung Bahnstrecke Niebüll-Flensburg: Fragen und Antworten – mehr
(als PDF-Datei: mehr)

Teil II: Neuer Bahnhalt Flensburg Stadt am ZOB – Fragen und Antworten
Alle Fragen und Antworten als PDF-Datei herunterladen – mehr

  • Warum ein Bahnhalt Flensburg ZOB?
  • Welche Züge würden einen Bahnhalt Flensburg Stadt am ZOB nutzen?
  • Warum verspricht man sich bei einem Halt Flensburg Stadt deutlich höhere Fahrgastzahlen?
  • Ist angesichts der teilweisen Eingleisigkeit der Strecke genug Platz, damit am ZOB mehrere Züge ein- und ausfahren können? 
  • Würde es am ZOB einen "Verkehrsinfarkt" geben, wenn dort zusätzlich zu den Bussen auch Züge abfahren?
  • Wäre ein Radweg auf dem Bahndamm statt des Zugverkehrs eine nachhaltige Alternative?
  • Müssen bei einer Reaktivierung der Trasse zum ZOB Bäume gefällt werden?
  • Schadet es dem Flensburger Stadtbild, wenn auf der Trasse ein Zug fahren würde?
  • Bahnhalt Flensburg Stadt: Leiden die Anwohnenden unter den Emissionen (Lärm, Feinstaub) durch den Zugverkehr?
  • Ist mit der Renovierung des derzeitigen Bahnhofs eine Entscheidung gefallen?
  • Exkurs: Stadler Flirt Akku - Ein neuer Zugtyp ersetzt die Dieselloks

Teil III: Mit der S-Bahn ins Umland und nach Dänemark – Fragen und Antworten – mehr
(als PDF-Datei: mehr)


 

Warum ein Bahnhalt Flensburg ZOB?

Rückmeldungen aus den Gemeinden im Bereich der Strecke machen deutlich, dass - im Fall einer Reaktivierung der Strecke Niebüll-Flensburg - einhelliges Interesse besteht, direkt die Flensburger Innenstadt zu erreichen (siehe dazu auch: Lokalpolitischer Spaziergang in Schafflund, 21.08.2020 - mehr).
Im SMA-Gutachten wird entsprechend festgestellt: "Die Nachfrage und damit der Nutzen-Kosten-Faktor sind voraussichtlich höher, wenn die Züge aus Niebüll zu einem Nahverkehrsbahnhof am ZOB geführt werden" (SMA-Gutachten, S. 133).
"Im Hinblick auf das hohe Fahrgastpotenzial bei nahezu konstanten Betriebskosten zeichnet sich eine hohe Wirtschaftlichkeit der Maßnahme ab" (SMA-Gutachten, S. 159).

Ein Innenstadtbahnhof Flensburg Stadt wird auch unterstützt im Landesweiten Nahverkehrsplan für Schleswig-Holstein (NAH.SH, S. 131, 134-135. PDF-Datei - mehr) und im Dritten Regionalen Nahverkehrsplan Flensburg 2013-2017 (Mobizentrale, S. 115. PDF-Datei - mehr), der sich davon "eine deutlich bessere Erreichbarkeit des Stadtzentrums im Bahnverkehr mit einem Verzicht auf aufwändige Zubringerverkehre" verspricht.

Vorabschätzungen für die Standardisierte Bewertung haben ergeben, dass der Nutzen eines innenstadtnahen Bahnhof Flensburg Stadt die anfallenden Kosten erheblich übersteigen würde. So wurde beim Experten-Podium von VCD Nord und PRO BAHN am 26.10.2020 von einem Quotienten von 8 gesprochen (VCD Nord, S. 15/16. PDF-Datei - mehr). Das ist ein ausgesprochen hoher Wert. Ab einem Quotient über 1 wird eine Maßnahme als volkswirtschaftlich sinnvoll und förderfähig eingestuft.

In Hinblick auf die Ziele von Pendler- und Schülerverkehr wäre es sinnvoll, neben dem heutigen Bahnhof in Flensburg zusätzliche Halte- und Zusteigepunkte einzurichten. Denkbar sind z.B. neben einem Bahnhof Flensburg Stadt das Schulzentrum Exe mit über 8000 Schüler:innen, das Deutsche Haus als zentraler Veranstaltungsort, Campus / Flens Arena / Krankenhaus, Weiche, Tarup, Handewitt. Perspektivisch lassen sich diese Haltepunkte durch ein Regionalbahn-Netz ergänzen, wie es in Flensburg diskutiert wird.

Welche Züge würden einen Bahnhalt Flensburg Stadt am ZOB nutzen?

Das SMA-Gutachten erklärt: "Züge aus Richtung Hamburg und Niebüll fahren über Weiche in Richtung des heutigen Bahnhofs und zweigen am bestehenden Abzweig Wilhelminental ab in Richtung des ZOB… Aus Richtung Padborg könnte eine direkte Zufahrt zum ZOB über eine Verbindungskurve Friedensweg-Wilhelminental ermöglicht werden" (SMA-Gutachten, S. 70).  Für Züge nach Kiel wird die betriebliche Umsetzung als schwierig eingestuft. Diese würden über den heutigen Bahnhof zusammen mit den Fernzügen in Weiche halten. Optional könnten sie "über zwei neue Verbindungskurven ohne Fahrtrichtungswechsel über die Schleife am Förde-Park vorbei bis zum ZOB"  fahren (SMA-Gutachten, S. 71).

Durch dies Angebot würde die Zahl der Fahrgäste in Regional- und Fernverkehr erheblich zunehmen, die Fahrzeiten würden sich verkürzen (SMA-Präsentation, S. 28, 32).

 

Warum verspricht man sich bei einem Halt Flensburg Stadt deutlich höhere Fahrgastzahlen?

Für viele Menschen ist der öffentliche Verkehr nur eine Alternative zum Auto, wenn die Ziele bequem erreichbar und die Fahrzeiten nicht deutlich länger sind.

Wenn man nur die Zeit von Bahnhof zu Bahnhof betrachtet, ist die Bahn auf vielen Strecken scheller als das Auto (z.B. Süderbrarup Bahnhof-Flensburg Bahnhof: Bahn 25 Minuten, Auto 34 Minuten). Doch die Gesamtreisezeit verlängert sich erheblich, wenn man in Flensburg noch am Bahnhof in den Bus steigen muss oder eine Viertelstunde in die Innenstadt läuft. Dann steigen die meisten doch wieder in ihren Wagen.
Eine etwa drei Minuten längere Bahnfahrt vom Bahnhof zum ZOB ist eine große Verbesserung für alle Menschen, die in die Innenstadt wollen oder am ZOB in einen anderen Bus umsteigen. Dort haben sie Verbindungen ins ganze Stadtgebiet und das Umland. 

Ein "Nahverkehrsbahnhof am ZOB verbessert durch die Lage in der Innenstadt die Erreichbarkeit Flensburgs für Einpendler und Kunden, und bietet optimale Anschlüsse zu den meisten Stadt- und Regionalbuslinien. Dadurch können auf vielen Relationen Reisezeiten und Umsteigezwänge reduziert werden und neue Bahnkunden gewonnen werden",  so das SMA-Gutachten (S. 132). Ein Bahnhalt Flensburg Stadt wäre also auch ein Förder- und Konjunkturprogramm für die Flensburger Innenstadt.

Freilich können bereits jetzt am Bahnhof Verbesserungen vorgenommen werden, z.B. eine bessere Verknüpfung mit dem Busverkehr und Verbesserung von Bahnhofsumfeld und Stellplatzsituation. Doch lassen sich damit bei weitem nicht so deutliche Zuwächse an Fahrgastzahlen erreichen wie durch einen Halt am ZOB (SMA-Präsentation, S. 28).

Ist angesichts der teilweisen Eingleisigkeit der Strecke genug Platz, damit am ZOB mehrere Züge ein- und ausfahren können? 

Tatsächlich ist auf einem Teil der Strecke nur eine eingleisige Führung möglich. An der Hafenspitze waren jedoch bis Ende der neunziger Jahre bereits drei Gleise in Gebrauch. So stellt auch das SMA-Gutachten fest: "Das Planum erlaubt einen zweigleisigen Ausbau bis in Höhe der Einmündung Nikolaiallee/Friesische Lücke (s. auch Kapitel 5.1.3). Danach ist aufgrund der Breite des Einschnitts/Bahndamms und der Brücken nur eine eingleisige Führung bis zur Brücke über die Angelburger Straße möglich... Im Bereich des ZOB ist Platz für bis zu drei Gleise mit entsprechenden Bahnsteigen" (SMA-Gutachten, S. 70).

Die Bahnsteige werden in solchen Fällen in zwei Bahnsteigabschnitte unterteilt und können von jeweils zwei Zügen gleichzeitig genutzt werden. Damit ist diese Bahnstation von bis zu sechs Zügen gleichzeitig nutzbar. 

Dem kommt entgegen, dass in Schleswig-Holstein ein Taktfahrplan gilt. D.h. die Züge fahren gemeinsam ein- und auch wieder gemeinsam aus. Durch eine dichte Signalanordnung kann die Zugfolge auf unter 1 Minute reduziert werden. Bei Verspätungen kann ein Bahnhof Wilhelminental mit intelligent angeordneten Weichenverbindungen für die Strecke ein Puffer sein.
Der Haltepunkt Flensburg ZOB ist für künftige Planungen in den Deutschlandtakt aufgenommen (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Deutschlandtakt. Netzgrafik 3. Entwurf Nord - mehr).

 

Würde es am ZOB einen "Verkehrsinfarkt" geben, wenn dort zusätzlich zu den Bussen auch Züge abfahren?

Die Straßen rund um den ZOB sind tatsächlich sehr stark befahren. Die Reaktivierung der vorhandenen Bahntrasse mit einem zusätzlicher Bahnhalt ermöglicht es, die Innenstadt bequem auch ohne Auto zu erreichen. Attraktive Alternativen sind die Voraussetzung dafür, dass Menschen vom Auto umsteigen. 

So kann die Verkehrssituation an Hafendamm, Süderhofenden und ZOB für alle entspannt und verbessert werden. Das SMA-Gutachten verspricht sich von der "Verlagerung von Pkw-Fahrten der Einpendler durch die ZOB-Anbindung" eine Verkehrsentlastung der Innenstadt sowie eine "Entlastung der Parkraumsituation in der Innenstadt" (SMA-Gutachten, S. 159).

Neben dem Bahnhof am ZOB sollen weitere Bahnhaltepunkte im Flensburger Stadtgebiet geschaffen werden (z.B. Weiche, Exe). Das würde den Zugang zum schienengebundenen ÖV deutlich verbessern. Für viele Pendler/innen entfällt dann die Notwendigkeit, mit dem Auto zu fahren, denn sie können ja dort einsteigen und im Taktknoten Flensburg umsteigen.

Wäre ein Radweg auf dem Bahndamm statt des Zugverkehrs eine nachhaltige Alternative?

Um die Mobilitätswende zu erreichen, brauchen wir Rad und Bahn. Beide Verkehrsmittel dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Die Flensburger Innenstadt leidet unter dem stetig zunehmenden Pkw-Verkehr aus dem Umland, die Klimakrise verlangt ein Umdenken. Das ÖV-Angebot für das Umland muss daher deutlich ausgebaut und attraktiviert werden. Der jetzige Bahndamm ist dafür optimal geeignet. Denn er führt bereits in die Innenstadt und kann für den Bahnverkehr genutzt werden. 

Die Stilllegung der Trasse und der Bau eines Radwegs würde die einfache Möglichkeit, den ÖPNV nachhaltig zu stärken, verhindern. Doch aus gutem Grund sind Bahntrassen geschützt und dürfen nur auf Grundlage gesetzlich verankerter Verfahren für andere Zwecke entwidmet werden. Die Nutzung als reine Radtrasse ist nach derzeitigem Stand nicht möglich.
Darauf weisen auch die entsprechenden Gutachten hin: "Da der Großteil der Trasse Bestandteil der Trassensicherung der Deutschen Bahn ist, sind vor einer weiteren Planung intensive Gespräche zu führen, um herauszukristallisieren, ob eine Umnutzung als Radschnellverbindung mit begleitendem Gehweg perspektivisch realistisch  ist." (SHP Ingenieure: "Flensburg. Potenzialanalyse und Machbarkeitsstudie für einen Radweg auf dem Bahndamm mit dem Standard eines Radschnellweges", 12/2018. S. 51. PDF-Datei - mehr).

Gleichzeitig gibt es für den Radverkehr gute Alternativen. Zum Beispiel hat Bauingenieur Till Schwarzer ein Konzept entwickelt für die gemeinsame Führung von Rad und Bahn auf dem Bahndamm (Till Schwarzer: Per Rad und Schiene in die Innenstadt Flensburg: Chance für Stadtentwicklung und Klima - mehr). Die Anbindung des Stadtteils Weiche bietet sich über die Nikolaiallee an.

Müssen bei einer Reaktivierung der Trasse zum ZOB Bäume gefällt werden?

Der Bahndamm ist durch Büsche und Bäume eingewachsen. Die Bäume und Büsche, die direkt im Gleisbereich stehen, müssten gefällt werden. Dennoch wird der Bahndamm an den Seitenhängen weiterhin von Bäumen und Büschen bewachsen sein können. Das würde den grünen Eindruck des Bahndamms erhalten und das Stadtbild nur unwesentlich verändern. 

Das SMA-Gutachten weist darauf hin: "Der Bau der Verbindungskurve Wilhelminental-Friedensweg erfolgt auf einer ehemaligen Bahntrasse, die aber lange Zeit nicht genutzt wurde und daher starken Vegetationsbewuchs aufweist. Hier sind Untersuchungen zu geschützten Arten erforderlich. Eingriffe sind ggf. im Umfeld auszugleichen" (S. 118). Bei Eisenbahnplanverfahren sind Ausgleichsmaßnahmen zwingend vorgeschrieben und werden in einem "landschaftspflegerischen Begleitplan" erläutert.

Dabei muss auch der größere Kontext betrachtet werden: Die Reaktivierung der Bahntrasse ist Teil einer Mobilitätswende hin zu einer klimafreundlichen Mobilität. Der Klimawandel mit zunehmenden Hitzesommern und Dürren stellt Bäume insbesondere in Städten vor große Herausforderungen. Viele Stadtbäume sind krank und bekommen im Sommer nicht genug Wasser. Der Kampf gegen die Klimakrise muss oberste Priorität in unserer Stadt- und Verkehrsplanung haben.

Schadet es dem Flensburger Stadtbild, wenn auf der Trasse ein Zug fahren würde?

Der Bahndamm wird an den Seitenhängen weiterhin von Bäumen und Büschen bewachsen sein. Auch die Abschirmung des Johannisviertels bleibt erhalten. Das Stadtbild würde sich also nur unwesentlich verändern.

Die Hafenspitze mit dem schönen Ausblick auf die Förde ist beliebt zum Spazierengehen. Derzeit ist sie eingerahmt von vielbefahrenen, vierspurigen Straßen, die überquert werden müssen. Eine Umgestaltung des Gebiets, eine attraktive Gestaltung und sichere, kurze Wege für Rad- und Fußverkehr würden den gesamten Bereich aufwerten. Voraussetzung dafür ist, dass es eine attraktive Alternative zum Individualverkehr gibt. 

Ein Bahnhaltepunkt in der Nähe des ZOBs bietet auch eine Chance für ein urbaneres Stadtbild. Das SMA-Gutachten verspricht sich davon einen "Entwicklungsimpuls für die Hafenspitze und das Fördeufer" (SMA-Gutachten, S. 159).

Bahnhalt Flensburg Stadt: Leiden die Anwohnenden unter den Emissionen (Lärm, Feinstaub) durch den Zugverkehr?

Viele Menschen in Flensburg leiden unter Verkehrslärm und Abgasen. Die Verlagerung von Invididualverkehr auf die Schiene hat das Ziel, diese Emissionen zu verringern. Ein Zug kann 100-200 Pkw ersetzen und bringt erheblich weniger Lärmbelastung mit sich als der Pkw-Verkehr, wie die Grafik des Bayerischen Landesamt für Umwelt (s.u.) zeigt. Das gilt insbesondere für die modernen Akku-Regionalzüge Stadler Flirt, die das Land Schleswig-Holstein bestellt hat (Stadlerrail.com – mehr). Die Belastung durch Stickoxide und Feinstaub ist bei einem Zug ebenfalls deutlich niedriger (Umweltbundesamt: mehr).

Durch "die Verlagerung von Pkw-Fahrten auf die Bahn werden die Verkehrsbelastung und damit die Lärmemissionen auf der L 249 als Hauptzufahrt zur Innenstadt sinken. Demgegenüber stehen einige Mehrfahrten (Taxifahrten, Bring-/Holverkehre) zum Nahverkehrsbahnhof" (SMA-Gutachten, S. 119).

Auf Anwohnende an der Strecke muss selbstverständlich besondere Rücksicht genommen werden. Die Einhaltung der Vorgaben für den Lärmschutz werden im Zuge des Planungsverfahren vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein (LLUR) geprüft und sind entsprechend zu berücksichtigen. Darüber hinaus müssen die optische Gestaltung der Lärmschutzmaßnahmen sorgfältig bedacht und die technischen Möglichkeiten genutzt werden, die die Geräuschemissionen an Schiene und Fahrzeug verringern

Das SMA-Gutachten dazu: "Aufgrund der relativ geringen Streckengeschwindigkeiten im Bereich des ZOBs und der Zulaufstrecke ergeben sich Lärmemissionen insb. im Bereich von Brücken und durch Bremsgeräusche… [Hier] könnten niedrige, ca. 80cm hohe Lärmschutzwände in sensiblen Bereichen Roll- und Bremsgeräusche deutlich mindern” (SMA-Gutachten, S. 119).

 

Ist mit der Renovierung des derzeitigen Bahnhofs eine Entscheidung gefallen?

Die Deutsche Bahn hat für 2020 ein Sofortprogramm für “attraktive Bahnhöfe” angekündigt, in das auch der Flensburger Bahnhof aufgenommen ist (mehr).

Dieses Sofortprogramm umfasst lediglich vergleichsweise kleinere Renovierungsarbeiten. Mit dem für Flensburg vorgesehene Betrag von 405.000€ lässt sich nicht der komplette Bahnhof erneuern. Um den jetzigen Hauptbahnhof langfristig attraktiver zu gestalten, sind auch Investitionen ins Bahnhofsumfeld notwendig. 

Die geplanten Renovierungsarbeiten von DB Station und Service sind dennoch sehr zu begrüßen. Selbst nach einer Entscheidung für eine zukünftige Bahnstruktur in Flensburg werden einige Jahre bis zur Betriebsaufnahme vergehen und der Bahnhofsstandort wird auf jeden Fall benötigt. Auch wenn der bisherige Personenbahnhof nicht auf allen Kartendarstellungen aufgeführt ist, erscheint er für die Linienführung Kiel - Campus/Krankenhaus - Flensburg Bahnhof - Flensburg Stadt/ZOB weiterhin sehr sinnvoll. Damit wäre der Infrastrukturbestand optimal genutzt, während mögliche neue Kurven einen eher ungewissen Planungshorizont haben.

 

Stadler Flirt Akku: Ein neuer Zugtyp ersetzt die Dieselloks

Der Eisenbahnhersteller Stadler liefert in den kommenden Jahren 55 akkubetriebene Züge vom Typ "FLIRT Akku" nach Schleswig-Holstein, die bisherige Dieselloks schrittweise ersetzen. Die Triebwagen sind leiser, spurtstärker und wesentlich energiesparender als die bisherigen Dieseltriebwagen. Der 600 Millionen Euro schwere Auftrag umfasst neben der Anschaffung auch die Instandhaltung für die nächsten 30 Jahren, entsprechende Vorbereitungen laufen bereits in Rendsburg und Neumünster.

Die zweiteiligen Triebwagen haben 124 Sitzplätze, sind barrierefrei, klimatisiert und mit WLAN ausgestattet. Das besondere an diesen Zügen ist der auf dem Dach montierte Akku, aus dem die Fahrzeuge ihre Energie beziehen. Die Akkus haben eine Reichweite von bis zu 150 Kilometern, die Batterien werden an vorhandenen Oberleitungen aufgeladen. An einigen Stellen sollen zusätzliche Ladevorrichtungen gebaut und bestehende Oberleitungen verlängert werden.

Ab 2022 werden die neuen Akku-Elektrozüge nachhaltig und umweltschonend auf elf Verbindungen, beispielsweise Kiel-Flensburg, von Bad Oldesloe-Neumünster-Büsum, Kiel-Lübeck-Lüneburg oder Kiel-Husum-St. Peter Ording rollen.

  • Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus Schleswig-Holstein: “Bahnverkehr wird umweltfreundlich” (19.06.2019) – mehr

Akku- und Oberleitungszüge wirtschaftlicher als Brennstoffzellenzüge

Interessant: Laut einer Studie des Technologieverbandes VDE sind batteriegetriebene Züge ähnlich wirtschaftlich wie Triebzüge, die ihre Energie aus der Oberleitung beziehen. Am teuersten und unwirtschaftlichsten sind dagegen die Brennstoffzellenzüge - und zwar in Anschaffung, Betrieb und Wartung um bis zu 35 Prozent teurer als Batteriezüge. Das gilt auch beim Einsatz von “grünem Wasserstoff”.

“Wie man es auch dreht oder wendet, das Batteriekonzept bleibt immer vorn”, bilanziert Studienautor Wolfgang Klebsch. “Auch für uns war das eine überraschende Erkenntnis. Auf den typischen Pendlernebenstrecken, wo derzeit noch DMU eingesetzt werden, ist der Wasserstofftriebzug immer die wirtschaftlich ungünstigere Lösung.”
In der Studie waren die Kosten anhand eines Beispielnetzes über 30 Jahre berechnet worden.

  • VDE.com: “VDE Studie bewertet Wirtschaftlichkeit klimaneutraler Alternativen zu Dieseltriebzügen” (21.07.2020) – mehr

*Verwendung der Grafiken aus SMA-Gutachten und Präsentation mit freundlicher Genehmigung von SMA und Partner AG sowie Gertz Gutsche Rümenapp. Stadtentwicklung und Mobilität GbR.


Weiterlesen

  • Teil I:   Reaktivierung Bahnstrecke Niebüll-Flensburg: Fragen und Antworten – mehr
    (als PDF-Datei: mehr)
  • Teil II:  Neuer Bahnhalt Flensburg Stadt am ZOB – Fragen und Antworten – mehr
    (als PDF-Datei: mehr)
  • Teil III: Mit der S-Bahn ins Umland und nach Dänemark – Fragen und Antworten – mehr
    (als PDF-Datei: mehr)

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