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Verkehrspolitik
Im rappelvollen Saal der w3_ in Ottensen verfolgten mehr als 100 Wählerinnen und Wähler die Diskussion zwischen SPD, Grünen, CDU und Linke. Zur verkehrspolitischen Wahlarena am 20.01.25 hatten der Verkehrsclub Deutschland gemeinsam mit der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft eingeladen, moderiert wurde der Abend von Herrn Drieschner von der ZEIT.
Anfangs wurde debattiert, ob die Verkehrswende in Hamburg zu schnell umgesetzt wird. Richard Seelmaecker von der CDU sprach sich für einen Mobilitätsmix aus, räumte aber auch ein, dass mehr getan werden muss, als nur auf E-Autos zu setzen. Er sieht künftige Autos aber auch als Energiespeicher („E-Autos können uns helfen bei der Energiewende durch bidirektionales Laden“) und versprach, dass wir in 10 Jahren autonomes Fahren haben würden. Schließlich kritisierte er, dass seit 2 Jahren keine neuen Fahrradhäuschen mehr genehmigt würden. Wirkliche Vorschläge, wie ohne eine Reduzierung der Autoanzahl in der Stadt Staus vermieden werden können, wurden von ihm allerdings nicht dargelegt.
Ole Thorben Buschhüter von der SPD machte den Zusammenhang zwischen dem Stadtteil und dem Mobilitätsverhalten deutlich. Er sagte: „Die Zufriedenheit mit der Verkehrswende und die Sorgen davor hängen viel mit dem Wohnort zusammen. Am Stadtrand muss man die Leute fragen, ob denn mehr Autoverkehr die Lösung wäre. Und dann Beginnt auch da das Denken Richtung Verkehrswende“ Insgesamt war er sich sicher: "Am Ende brauchen wir weniger Autoverkehr".
Zwischen Grünen und SPD wurde kontrovers diskutiert, ob Radfahrer auf der Fahrbahn oder auf dem Gehweg fahren sollen, wenn nicht genügend Platz einen Radweg ist. Während Eva Botzenhart von den Grünen hier in engen Straßen Tempo 30 für Autos und Radfahren auf der Fahrbahn vorschlägt, möchte die SPD stattdessen den Gehweg für Radfahrende frei geben und spricht von einer „Service-Lösung“. Das Publikum protestierte darauf hin deutlich und war sich recht einig, dass eine solche „Service-Lösung“ keine Lösung für den Fuß- und Radverkehr sein kann sondern lediglich dem ungestörten Fluss des Autoverkehrs dient.
Heike Sudmann von den Linken war sich sicher: „Wir müssen mehr Pushen. Und noch viel mehr deutlich machen was wir wollen. Und differenzieren wo wir was wollen“. Außerdem merkte sie an: „Autofahrer*innen sollten dankbar sein für jeden der Fahrrad fährt, weil sie eben nicht Auto fahren und somit Platz auf der Straße schaffen. Da müssen wir weitergehen und mehr Leute durch Busspuren und Straßenbahnen zum Umsteigen bringen.“ Die Forderung nach mehr Busspuren wurde vom Publikum mit viel Applaus bedacht und auch Herr Buschhüter von der SPD konnte dem zustimmen.
Beim Thema Straßenbahn gab es überraschenden Konsens. Der Moderator Herr Drieschner zitierte dazu aus dem Wahlprogramm der Grünen und CDU. Bei den Grünen heisst es: „Im Gegensatz zu vorherigen Senaten machen wir aber auch unsere Hausaufgaben im Bestand: Wir sanieren, modernisieren und erweitern die S-Bahn-Strecken nach Wilhelmsburg/Harburg/Neugraben und nach Bergedorf.“ und „Hätten vorherige Senate ohne grüne Beteiligung die Stadtbahn 2001 und 2011 nicht gestoppt, hätten wir heute weniger Engpässe im ÖPNV.“ Bei der CDU steht: „Wesentlich sind … für uns leistungsfähige U- und S-Bahnen. Dort wo aus technischen, wirtschaftlichen, ökologischen oder zeitlichen Gründen eine Realisierung in absehbarer Zeit nicht möglich ist, sind wir offen für andere Lösungen.“ Nachdem Frau Sudmann ihre stetige Forderung nach der Straßenbahn unter viel Applaus bekräftigte, stellte Herr Buschhüter nun auch klar: „Bei der SPD hat es die Straßenbahn zwar nicht ins Wahlprogramm geschafft“ aber „man würde sich schnell einig werden, wenn ein solches neues System die bestehenden U- und S-Bahnen vor allem außerhalb der Innenstadt sinnvoll ergänzt“.
Im Anschluss wurde die Überlastung des Hauptbahnhofes und der Umzug des Bahnhofs Altona nach Diebsteich angesprochen. Die Politik verwies darauf, dass der Bahnhofsumzug eine Forderung der Deutschen Bahn gewesen sei. Der SPD-Vertreter aus Hamburg würde sich wünschen, dass der Bund sich so gut um die DB kümmern würde, wie Hamburg dies mit der Hochbahn vor macht. Er sprach sich außerdem für eine dauerhafte Finanzierung des Deutschland-Tickets aus und forderte auch die anderen Bundesländer auf, sich zu einer Beteiligung an den Kosten zu bekennen. Eva-Botzenhart von den Grünen betonte, dass der Grüne Verkehrssenator Anjes Tjraks von Anfang an ein vehementer Fürsprecher und Unterstützer des Deutschland-Tickets war und sich auch weiterhin dafür einsetze.
Besonders kontrovers wurde schließlich über das Thema Tempo 30 debattiert. Hier gab es großen Unmut im Publikum über das politische (Nicht-)Handeln der aktuellen SPD-Grünen Regierung. Ein Zuschauer verwies auf Oslo und Helsinki, wo Tempo 30 dazu führt, dass es seit einiger Zeit keine Todesopfer im Stadtverkehr mehr gab. Während Grüne und Linke signifikant mehr Tempo 30 wünschen, lehnen SPD und CDU das ab und verweisen u.a. auf Fahrgäste im Busverkehr, die dann auch länger unterwegs seien und das mehr Busse eingesetzt werden müssten sowie der Angst vor dem Aufschrei in der Bevölkerung, wenn Tempo 30 auf zu vielen Straßen gelte. Heike Sudmann stellte hingegen klar, das man sich nie Mühe gegeben habe, die Vorteile wie höherer Lärmschutz, ein besser fließender Verkehr und eine deutlich höhere Verkehrssicherheit der Bevölkerung zu erklären.
Nach etwas mehr als 2 Stunden endete ein sehr spannender Diskussionsabend, der den vielen anwesenden Wähler*innen wichtige Anhaltspunkte für ihre Wahlentscheidung am 02. März 2025 geben konnte.
Für Rückfragen:
Ansprechpartner: Alexander Montana (Vorstand VCD Nord)
E-Mail: alexander.montana@vcd-nord.de