Die Deutsche Bahn möchte gemeinsam mit der Freien und Hansestadt Hamburg den Nah- und Fernbahnhof Altona schließen und durch Diebsteich ersetzen. Auf dem Gelände sollen Wohnungen gebaut werden. Eine Schließung des Fernbahnhofs Altona zugunsten Diebsteichs setzt zwingend voraus, dass Fahrgäste und der Betrieb Vorteile haben. Dabei stützt sich der VCD auch auf geltendes Eisenbahnrecht. Diese Vorteile sah der VCD Nord, unterstützt durch die Bürgerinitiative Prellbock Altona, jedoch zunächst nicht und klagte deshalb gegen dieses Projekt.
Diebsteich als Durchgangsbahnhof mit sechs zusätzlichen Bahnsteigkanten für den Regional- und Fernverkehr macht betriebliches Kopfmachen bei der Bereitstellung der Züge überflüssig und vereinfacht so den bahnseitigen Betriebsablauf. Des Weiteren ergeben sich mit dem zusätzlichen Halt Vorteile für Reisende aus Teilen Schleswig-Holsteins die die Verbindungsbahn nutzen, also z.b. für das Ziel Sternbrücke, oder die den City-Tunnel nutzen, also z.B. für das Ziel Landungsbrücken. Das trifft insbesondere zu, wenn Regionalzüge künftig durchgebunden werden könnten. Zudem bieten sich am Diebsteich bahnsteiggleiche Umsteigemöglichkeiten vom Regional- auf den Fernverkehr, aber auch von Fernverkehrslinie zu einer anderen Fernverkehrslinie, an, die das Umsteigen für Reisende vereinfachen. Die P&R-Anlage am Diebsteich entlastet zudem das Zentrum Altonas vom PKW-Verkehr. Durch die neue Autoverladestation in Eidelstedt entfällt auch die autoverkehrliche Belastung des Bahnhofs Altona durch die Autozüge. Nachtreisezüge und Autozüge können zudem nach der Autoverladung zum Zustieg von Reisenden ohne PKW auch am Diebsteich halten und entlasten so zusätzlich Altona von PKW-Verkehren. So wird ein weiterer Beitrag zum autoarmen Ottensen geleistet.
Altona ist ein bedeutender Wohn- und Arbeitsplatzstandort und ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt im Norden. Zehntausende Pendler*innen von und nach Schleswig-Holstein und dem Hamburger Westen haben hier ihr Ziel oder steigen hier täglich um. Heute können Fahrgäste aus dem Norden zwischen den Zielen Altona und Hauptbahnhof wählen. Nach Umsetzung der Planung müssen sie nach Altona Mitte immer in die S-Bahn umsteigen, viele davon sogar zweimal.
Der Bahnhof Altona ist ein hundertprozentig barrierefreier Verknüpfungspunkt zwischen Nah- und Fernverkehr sowie zum Hamburger ÖPNV. Weiterhin ist er zentral zwischen zwei Fußgängerzonen gelegen und mit seiner direkten Anbindung an die Innenstadt mit Gastronomie und Einkaufsmöglichkeit im und nahe am Bahnhofsgebäude auch sozialer Ort für den Stadtteil. Altona hat acht Gleise und zusammen mit den beiden Umfahrungsgleisen am Diebsteich stellt er die Kapazität bereit, die ein wachsendes Fahrgast- und damit Zugaufkommen erfordert.
Der Rechtsstreit zur Verlegung des Bahnhofs Altona ist offiziell beendet. Beweggründe und Abwägungen des VCD zum Verhandlungsergebnis können der Präsentation zum Verfahren für die Jahresmitgliederversammlung 2020 entnommen werden.
Das Oberverwaltungsgericht Hamburg (OVG) hatte im August 2018 dem Eilantrag des VCD Nord stattgegeben. Die in den Planungen „vergessene“ Autoverladeanlage war nur ein vom Gericht benannter offensichtlicher Mangel, der alleine schon zur Verhängung des Baustopps ausreichte. Er war aber entsprechend der Urteilsbegründung nicht der einzige, und wohl auch nicht der schwerwiegendste.
Es fand ein Dialogverfahren, genannt „Faktencheck“, zwischen dem VCD Nord, der Bürgerinitiative Prellbock Altona sowie Vertreter*innen der Deutschen Bahn, Bezirksamt Altona und diversen Behörden unter Vorsitz von Finanzsenator Dr. Dressel statt. In den Terminen und untergeordneten Arbeitsgruppen wurden, anhand eines Sechs-Punkte-Kataloges des VCD, offene Fragen zu Fahrgastbelangen, verkehrlichen Entwicklungen sowie infrastrukturellen, ökologischen, wohnungsbaubezogenen und ökonomischen Aspekten geklärt.
Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat im April 2020 den Vergleich zwischen dem Verkehrsclub Deutschland Nord e.V. (VCD), der Freien und Hansestadt Hamburg und der Deutschen Bahn AG (DB) bestätigt (Az. 1 E 4/18.P). Zuvor hatte das Eisenbahn-Bundesamt als Genehmigungsbehörde des Bauprojekts die Annahme des gerichtlichen Vergleichs erklärt. Der Baubeginn des Fernbahnhofs Diebsteich erfolgte im Juli 2021.
Nach der im Februar 2020 am Verhandlungstisch unter Moderation von Hamburgs Finanzsenator Dr. Andreas Dressel zwischen VCD, Stadt und DB erzielten Einigung zur Bahnhofsverlegung hatte die alte und neue Hamburgische Bürgerschaft den verabredeten konkreten Maßnahmen und verbindlichen Prüfungen zur Projektgestaltung zugestimmt. Ein unabhängiges Ingenieurbüro hatte bestätigt, dass der neue Bahnhof am Diebsteich die geforderten bis zu 31 Züge pro Stunde bewältigen kann und damit für die Zukunft des Bahnverkehrs ausreichend robust geplant wird. Im Anschluss hatten der VCD, die Stadt und die DB den Vergleich verbindlich angenommen. Mit der erfolgten Bestätigung des OVG ist der Rechtsstreit endgültig beendet.
Die Einrichtung des Dialogforums ist ein wesentlicher Bestandteil der Verständigung zur Verlegung des Bahnhofs Altona. Im Rahmen ihrer Einigung zur Verlegung des Fern- und Regionalbahnhofs Hamburg-Altona an den Diebsteich hatten die Freie und Hansestadt Hamburg, die Deutsche Bahn und der Verkehrsclub Deutschland die Einrichtung eines dauerhaften Dialogforums beschlossen. Das Dialogforum ist eine Plattform zur Stärkung des Schienennetzes in Hamburg. Teilnehmende sind die Partner der Verständigung und je nach Themenlage weitere Akteure. Die Umsetzung der Vereinbarungen wird im Plenum des Dialogforums diskutiert und begleitet. Mit der Einrichtung des Dialogforums wurde ein wichtiger Schritt für die Mobilitätswende in Hamburg unternommen.
Mitglieder des Dialogforums sind neben den Partnern der Verständigung, der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende, der Finanzbehörde, der DB Netz AG, der DB Station&Service AG und dem Verkehrsclub Deutschland Landesverband Nord e.V., Vertreterinnen und Vertreter weiterer Institutionen der Freien und Hansestadt Hamburg, von Verkehrsunternehmen und -verbunde sowie von Fahrgast- und Mobilitätsverbänden.
Gemäß der Vereinbarung von Stadt, Bahn und VCD verpflichtet sich das Dialogforum dem „Ziel einer zeitnah wirksamen, umfassenden und nachhaltigen Stärkung des öffentlichen Verkehrs im Interesse der Fahrgäste in und um Hamburg“. Im Plenum und dessen Arbeitsgruppen sollen Fortschritte und Maßnahmen unter externer Moderation erörtert und konkretisiert werden. Die Lenkungsrunde des Forums hatte dafür eine Geschäftsstelle ausgeschrieben. Beauftragt wurde nun die Agentur Arcadis, Spezialist im Bereich Dialogverfahren und Öffentlichkeitsbeteiligung.
Die Umsetzung der Vertragsinhalte erfolgt in einem Dialogforum, das sich aus den Formaten Lenkungskreis, Plenum und Informationsveranstaltung zusammensetzt. Der Lenkungskreis, bestehend aus je zwei Mitgliedern der drei Vertragspartner, leitet den Prozess und stimmt sich in zeitlich enger Taktung ab. Das Plenum umfasst zusätzlich Vertreter Hamburger Behörden und Verkehrsunternehmen, benachbarter Bundesländer und von Verkehrsverbänden. Es trifft alle vier Monate zusammen und diskutiert die Maßnahmen aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Lenkungskreis und Plenum tagen als nicht öffentliche Gremien. Bei der einmal pro Jahr stattfindenden Informationsveranstaltung werden Politik, Medien und die interessierte Öffentlichkeit über den Arbeitsfortschritt in Kenntnis gesetzt. Die genaue Zusammensetzung der Teilnehmenden der Informationsveranstaltung wird vom Lenkungskreis festgelegt.
Das Dialogforum ist zunächst für eine Dauer von fünf Jahren angelegt. Teilnehmende erhalten keine Aufwandsentschädigung.
Der VCD Nord ist gleichberechtigter Partner im Lenkungskreis des Dialogforums und für die Umsetzung der Vereinbarung mitverantwortlich. Damit verbunden sind zahlreiche Besprechungen und Beschlussfassungen in unterschiedlichen Gremien, aber vor allem schriftliche Ausarbeitungen wie Lastenhefte, Begleitung von Ausschreibungsverfahren für Planungsleistungen, Mitwirken bei Vergabeentscheidungen und die Begleitung von Fachgutachten.
Die Vereinbarung zwischen Deutscher Bahn, Stadt Hamburg und dem VCD Nord zur Verlegung des Regional- und Fernbahnhofs Altona umfasst Maßnahmen, die weit über den neuen Standort Diebsteich hinaus wirken, wie die Einführung von Personenverkehr auf der sog. Güterumgehungsbahn (GUB) mittels weiterer S-Bahnlinien oder durchgebundenen Regionalverkehrslinien, aber auch Projekte wie die S32 und S4 West, Verbindungsbahn-Entlastungstunnel (VET) und eine zweite Elbquerung,. Der Vertrag verpflichtet die beiden Vorhabenträger Deutsche Bahn und Stadt Hamburg, gemeinsam und in enger Abstimmung mit dem VCD Nord das System Schiene im Interesse der Fahrgäste zu entwickeln.
Wie beabsichtigt, wurde das Plenum intensiv genutzt, um das Vorhaben mit anderen Planungen und Überlegungen von Seiten der Bezirke, des Landes Schleswig-Holstein und betroffener Verkehrsunternehmen abzugleichen. Die Diskussion ist notwendig, um mögliche Konflikte etwa zwischen zweigleisigem Ausbau und angrenzendem Wohnungsbau zu vermeiden.
Eines der ersten größeren Themen, die im Dialogforum behandelt wurden, war der Ausbau der Güterumgehungsbahn (GUB) für den Personenverkehr, wurde von den Teilnehmern einvernehmlich begrüßt. Erste Untersuchungen zeigen ein hohes Fahrgastpotenzial, welches zur Entlastung der Straßen vom Autoverkehr beitragen würde.
Ergebnis des Plenums war folgerichtig die Beauftragung einer Machbarkeitsuntersuchung, in der eine Reihe infrastruktureller und betrieblicher Varianten für die Nutzung der Güterumgehungsbahn durch den Personenverkehr zu entwickeln und zu bewerten sind. Es hat sich herauskristallisiert, dass ein Vorläuferbetrieb Elmshorn-Pinneberg-City Nord möglich wäre. Zudem kann die Durchbindung von Regionalzügen mit Eröffnung des Fernbahnhofs Diebsteich erwähnt werden.
Bei der Einbindung des Dialogforums in die Entscheidungsfindung besteht ein Berücksichtigungsgebot durch die Deutsche Bahn und Hamburger Politik der Stellungnahmen und Meinungsbilder. Die Stellungnahmen und Voten werden allen Entscheidungsvorlagen an die formal entscheidungsbefugten Entscheidungsträger und Gremien auf Bahn- und politischer Seite beigefügt und soweit möglich berücksichtigt. Sollten Inhalte der Stellungnahmen nicht aufgenommen werden, ist dies von der Deutschen Bahn und der Politik gegenüber dem Dialogforum jeweils zu begründen und zu erläutern.
Über den Fortlauf der Ergebnisse können Sie sich auf der Webseite des Dialogforums informieren:
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Im Klageverfahren Bahnhof Altona/Diebsteich haben der klagende Landesverband Nord des ökologischen Verkehrsclub VCD, die Hansestadt Hamburg und die Deutsche Bahn eine Verständigung erzielt. Die Hamburger Bürgerschaft muss der Einigung noch zustimmen.
Hamburg/Berlin, 11.02.2020. In der Vereinbarung werden umfassende Festlegungen für den neuen Fern- und Regionalbahnhof am Diebsteich, den öffentlichen Verkehr im Hamburger Westen sowie zur Entlastung des überlasteten Hamburger Hauptbahnhofs getroffen. Sie wird am morgigen Mittwoch der Hamburger Bürgerschaft zur Abstimmung vorgelegt. Die wichtigsten Punkte der Einigung:
Fahrgäste profitieren von Vereinbarungen zu mehr Kapazität und besserer Erreichbarkeit
Leistungsfähigkeit des neuen Fernbahnhofs Hamburg-Altona wird gestärkt und testiert
Konsens-Vereinbarung wird der Bürgerschaft zur Abstimmung vorgelegt
Der VCD ist im Gegenzug zur Rücknahme der Klage bereit.
Der Bahnhof Hamburg-Altona hat für den Deutschen ICE- und IC-Verkehr als Start und Endbahnhof sowie für den Regionalverkehr im Norden eine große Bedeutung. Kapazitätseinschränkungen würden den deutschlandweiten Bahn-Fernverkehr massiv behindern. Der neue Bahnhof muss deshalb die notwendige Leistungsfähigkeit auch für zukünftige Anforderungen wie den Deutschlandtakt bereithalten. Ein neues Drehkreuz für einen attraktiven ÖPNV und Fernverkehr entsteht im Hamburger Westen. „Der öffentliche Verkehr wird gestärkt, die Fahrgäste haben davon klare Vorteile. Die Verhandlungen und die damit verbundene Denkpause haben sich gelohnt“, sagt Matthias Kurzeck, Bundesvorstandsmitglied des VCD. „Die Hamburger Politik und die Deutsche Bahn tragen die Vereinbarung mit und zeigen damit, dass eine deutliche Verbesserung der bisherigen Planungen notwendig und möglich ist.“
Der ursprünglich geplante reine Ersatz des Bahnhofs Altona am neuen Standort Diebsteich hätte zu großen Nachteilen für die Fahrgäste im Hamburger Raum geführt. Gegen die Verlegung des Bahnhofs Altona hatte der VCD Nord gemeinsam mit der Bürgerinitiative Prellbock geklagt und einen vorläufigen Baustopp erreicht. Erst danach kam es zu einem „Faktencheck“, bei dem wesentliche Grundlagen z.B. zur Steigerung von Leistungsfähigkeit und Fahrgastzahlen gemeinsam erarbeitet wurden. Mit der erzielten Vereinbarung wird ein Paket geschnürt, das die entstehenden Nachteile überkompensieren soll.
Mit der Fortführung der Klage über Jahre wäre kaum ein besseres Ergebnis erzielbar gewesen, die errungenen Erfolge aber gefährdet worden. VCD-Nord Vorstand Rainer Schneider: „Der Kompromiss ist mit Vor- und Nachteilen verbunden, die Vorteile überwiegen deutlich. Mit der Vereinbarung haben wir für das System Schiene und den Deutschlandtakt, für die Fahrgäste im Hamburger Westen und darüber hinaus das erreichbare Maximum herausgeholt.“
Der VCD dankt Prellbock für die enge und intensive Zusammenarbeit und den übrigen Teilnehmern des Faktenchecks für ihre Kompromissbereitschaft. Der VCD bedankt sich auch bei dem ehemaligen Präsidenten des Hamburgischen Verfassungsgerichtes Friedrich-Joachim Mehmel, der die Verhandlungen als externer Moderator wesentlich unterstützte.
Kontakt:
Franziska Fischer, VCD-Pressesprecherin,: 030/ 280 351 -12, presse@vcd-org
Rainer Schneider, Vorstand VCD Nord: 040-28055120, E-Mail: nord@vcd.org
Der ökologische Verkehrsclub VCD ist ein gemeinnütziger Umweltverband, der sich für eine umweltverträgliche, sichere und gesunde Mobilität einsetzt. Im Mittelpunkt steht dabei der Mensch mit seinen Bedürfnissen und Wünschen für ein mobiles Leben. Seit 1986 kämpft der VCD für ein gerechtes und zukunftsfähiges Miteinander zwischen allen Menschen auf der Straße – egal, ob sie zu Fuß, auf dem Rad, mit Bus und Bahn oder dem Auto unterwegs sind. Dafür arbeitet er vor Ort mit zwölf Landesverbänden und rund 140 Kreisverbänden und Ortsgruppen, bundesweit und europaweit vernetzt. Rund 55.000 Mitglieder, Spender und Aktivistinnen unterstützen die Arbeit des VCD für eine zukunftsfähige Mobilität.